Der Mief

(bei Klick sieht man den Mief)

In den frühen 60er Jahren formierte sich eine Band in den Vereinigten Staaten, die mit zum Despektierlichsten gehörte, was auf der Ebene RocknRoll, Rhythm&Blues entstanden ist. Zwei nicht ganz unbescholtene US-Bürger, die mehr oder weniger erfolgreich als Dichter zu reüssieren versuchten, hatten die Idee, eine Band zu gründen. Ihr musikalisches Potenzial muß als eher bescheiden bewertet werden, ihre unerhörten arglistigen Texte sollten aber ein musikalisches Vehikel bekommen und so scharten sie stets gestandene Musiker um sich. Die Namen der Initiatoren waren Naphtali „Tuli“ Kupferberg (1923 – 2010) und Ed Sanders (*1939). Sie gaben ihrer Band den Namen The Fugs, in Anlehnung an Norman Mailers Roman „Die Nackten und die Toten“ wo der Autor gezwungen wurde, das darin vorkommende mißliebige Tabuwort mit 4 Buchstaben zu ersetzen.  Mailer wählte das Wort „Fug“ (der Mief). Kupferberg war bei der Bandgründung schon über vierzig, aber zusammen mit seinem Partner Sanders und der Band wurde er zum Affront selbst in der ernsthaften strebsamen New Yorker Szene: Das miefige Schmuddelkind inmitten artiger blitzsauberer Kinder. Ihre Konzerte in den Szenehöhlen der Lower East Side waren legendär. Ihre Platten keine kommerziellen Erfolge aber exemplarisch für einen frühen Punk, schlampig-unfertig, mit gewollt schludrigem Gesang, und beißenden Texten, die jeden guten Geschmack verhöhnten. Die Entlarvung des CIA Manns ist da noch das Harmloseste, in anderen Songs geht es darum, dass man einfach nicht High wird, feuchte Träume hat, über die Slum Königin der Lower East Side oder den skurrilen Mönchsgesang zu dem Song Marijuana, über einen, der Brüste besonders mag, was ein Supergirl so alles draufhaben sollte, und das alles um uns herum eh Nichts  (Gornyscht) ist. Da musste selbst mancher Avantgardist erschrocken aufhorchen.

Mit dem Hereinplatzen der Fugs wurde alles anders, jetzt war das Modell des Freaks geboren, definiert, was der Underground bedeutet. Nicht lange dauerte es, und neue Bands, die sich an die Fugs-Attitüde anlehnten, tauchten auf: Frank Zappa und die Mothers of Invention, the Holy Modal Rounders, Velvet Underground, Captain Beefheart.

Die Fugs verstanden sich nicht ausschließlich als Ulknudeln, sie hatten auch eine politische Mission.: in 1967 versammelte sich eine Mischpoche Gleichgesinnter zu einer Exorzismus-Aktion vor dem Pentagon. Der Ruf machte die Runde: „Out Demons out!“

Die Fugs-Band fiel nach wenigen Jahren auseinander, kam aber in wechselnder Besetzung mit den Gründervätern immer wieder einmal zusammen.

Vor der Zeit mit der Band war Tuli schon aktiv als Dichter mit eigener Herausgabe seiner Schriften; Allen Ginsberg hat ihm ein Denkmal gesetzt in „The Howl“ mit der Beschreibung des Mannes der von der Brooklyn Bridge in den East River sprang und unerkannt in Chinatown verschwindet. Letzteres ist wohl eher eine poetische Variante, denn Kupferberg wurde wohl von irgendwelchen Leuten aus dem Wasser gefischt und war danach wieder sehr lebendig.

Mit seiner Frau Sylvia Topp gründete er die Birth Press, gab eigene Schriften heraus, die die Freunde halfen zu vervielfältigen, zu falten und zu binden.

Seine bekanntesten Werke waren wohl diese: 1001 Ways To Live Without Working oder 1001 ways to beat the draft (sich vor der Einberufung drücken).

Das liest sich in Auszügen so:

Get thee to a nunnery.
Fly to the moon and refuse to come home.
Die.
Become Secretary of Defense.
Become Secretary of State.
Become Secretary of Health, Education and Welfare.
Castrate yourself.
Invent a time machine and go back to the 19th century.
Start to menstruate. (Better red than dead.)
Shoot up for a day.
Refuse to speak to them at all.
Replace your feet with wheels.
Rent a motel room with a ewe.
Say you’re crazy.
Say they’re crazy.
Get muscular dystrophy when you’re a kid.
Marry J. Edgar Hoover.
Take up residence in Albania.
Stretch yourself on a rack so that you become over 634 feet tall.
Marry your mother.
Marry your father.
Marry your sister.
Marry your brother.
Marry your daughter.
Marry your son.
Marry Mao Tse-tung.
Proclaim that you are the Living God.
Stamp your foot in the earth like Rumpelstiltskin and
refuse to eat until our boys return from Viet Nam.
Get elected Pope.
Get elected to the Supreme Soviet.
Get lost.
Grow seven toes on your head.
Make the world go away.
Wear pants made of jello.
Ride naked through the streets on a white horse.
Declare war on Germany.
Tell the draft board that you will send your mother to fight in Viet Nam in your place.
Tell the psychiatrist that if he doesn’t let you into the Army you’ll kill him.
Turn yellow.
Don’t agree to anything.
Find a million dollar in a toilet bowl you the only one dares to fish it out


Als ich im Jahre 1999 nach Woodstock kam, und das hübsche Städtchen besichtigte, das noch immer den Hippie Geist zu atmen schien, fand ich an der Stadthalle die bevorstehenden Veranstaltungen in einem Schaukasten aufgelistet. Darunter auch ein Vortrag über „Orgasmus im Alter“. Redner: Tuli Kupferberg!

Ed Sanders war Besitzer der Peace Eye Buchhandlung auf der zehnten Straße in der Lower East Side. Zur Eröffnungsparty steuerte der befreundete Andy Warhol Textilkunst bei. Dort fanden auch die ersten Auftritte der Fugs statt. Sanders ist darüber hinaus selbst Schriftsteller und erzählte wahre und fiktive Begebenheiten aus der New Yorker Beatnik- und Hippie-Szene. In den langen Jahren seiner Dichter-Karriere wurde er zunehmend ein geachteter und ausgezeichneter Künstler. Heute lebt er mit seiner Frau auf einer Farm in Woodstock, NY State.

Tuli Kupferberg, der Geist aus der Flasche, ein Neo-Aufklärer und Neue-Welt-Eulenspiegel starb mit 87 Jahren. Solche Charaktere fehlen heutzutage schmerzlich, was würde man geben für einen solchen Gaukler, der die gesellschaftlichen Verhältnisse verspottet, der aber auch all die Besserwisser und Rechthaber aus allen gesellschaftlichen Lagern dem Hohn preisgibt.

Ein Gedanke zu „Der Mief

  1. Monday, nothing
    Tuesday, nothing
    Wednesday and Thursday nothing
    Friday, for a change
    A little more nothing
    Saturday once more nothing

    Sunday nothing
    Monday nothing
    Tuesday and Wednesday nothing
    Thursday, for a change
    A little more nothing
    Friday once more nothing

    Montik, gornisht
    Dinstik, gornisht
    Midvokh un Donershtik gornisht
    Fraytik, far a noveneh
    Gornisht pikveleh
    Shabes nach a mool gornisht

    Lunes, nada
    Martes, nada
    Miercoles y Jueves, nada
    Viernes, por cambio
    Un poco mas nada
    Sabado otra vez nada

    January, nothing
    February, nothing
    March and April, nothing
    May and June
    A lot more nothing
    July, nothing

    ’29, nothing
    ’32, nothing
    ’39, ’45, nothing
    1965, a whole lot of nothing
    1966, nothing

    Reading, nothing
    Writing, nothing
    Even arithmetic, nothing
    Geography, philosophy, history, nothing
    Social anthropology, a lot of nothing

    Oh, Village Voice, nothing
    New Yorker, nothing
    Sing Out and Folkways, nothing
    Harry Smith and Allen Ginsberg
    Nothing, nothing, nothing

    Poetry, nothing
    Music, nothing
    Painting and dancing, nothing
    The world’s great books
    A great set of nothing
    Audy and Foudy, nothing

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